Parodontitis in Deutschland
Nur ein Bruchteil in Therapie: Geringe Behandlungszahl entspricht nicht dem Bedarf
Die Zahl der Parodontitisbehandlungen in Deutschland entspricht bei weitem nicht dem tatsächlichen Bedarf. Rund 40 bis 50 % der Erwachsenen in Deutschland leiden an einer Erkrankung des Zahnhalte-Apparats, wobei mehr als 15 % Zahnfleischtaschen von mehr als 6 mm Tiefe aufweisen. Behandelt wurden 2002 mit insgesamt 717.000 Fällen jedoch nur knapp 1,5 % der Erkrankten, so die alarmierende Feststellung der Deutschen Parodontosehilfe e.V. (DPH).
Therapiebedarf sieht die DPH bei etwa 25 Millionen Erwachsenen. Bei ihnen hätten sich bereits Zahnfleischtaschen von 4 und mehr Millimetern Tiefe gebildet. Diese Entzündungen des Zahnhalte-Apparats – richtig als Parodontitis und nicht als Parodontose bezeichnet – können zum Zahnverlust führen.
Angesichts dieses auch durch die demographische Entwicklung noch zunehmenden Behandlungsbedarfs unterstützt die DPH die Forderung, die Zahnheilkunde jetzt nach befund- und patientenorientierten Kriterien neu auszurichten. Dazu Prof. Dr. Thomas Hoffmann, Präsident der Deutschen Gesellschaft Parodontologie: „Die Neubeschreibung soll eine präventivorientierte, ursachengerechte und strukturerhaltende Therapie sichern. Ziel ist, invasive, substanzopfernde Maßnahmen zu reduzieren und die Lebensqualität durch Erhalt der Mundgesundheit zu verbessern.“
Hierbei gilt es, den individuellen Behandlungsbedarf möglichst frühzeitig festzustellen. Am Beginn der Therapie steht zunächst die Basisdiagnostik mit dem seit 2004 neu als Kassenleistung etablierten Parodontalen Screening Index (PSI). Dieser gibt erste Informationen über den Schweregrad der Erkrankung sowie den möglichen individuellen Behandlungsbedarf. In der folgenden präventiven Betreuungsphase sind die Reduzierung der patientenbezogenen Risikofaktoren, die Optimierung des Mundhygieneverhaltens und die Compliance (Therapietreue) des Patienten von großer Bedeutung. „Wir können die Mundgesundheit und damit die Allgemeingesundheit nur dann verbessern, wenn unsere Patienten von der Notwendigkeit ihrer Mitverantwortung überzeugt sind und intensiv mitarbeiten“, so Dr. Wolfgang H. Koch (DPH).
Nur 3 % gehen zur Erhaltungstherapie
„Innerhalb von 5 Jahren ist bei 10 % der Bevölkerung eine Parodontalbehandlung durchgeführt worden, aber nur 3 dieser 10 % gehen regelmäßig zur Erhaltungstherapie zu ihrem Zahnarzt“, so Koch. Gerade diese Maßnahmen sind für die Langzeiterfolge extrem wichtig. Vermehrte Durchführung von nicht-chirurgischen Parodontalbehandlungen verringern den Zahnersatz. Stärkster Risikofaktor für Parodontitis ist Rauchen. Der Gesundheitszustand der Mundhöhle eines Rauchers ist vergleichbar mit dem eines 10 Jahre älteren Nichtrauchers. Auch Stress wirkt sich nachteilig auf die parodontale Situation aus. Koch weist darauf hin, dass ohne ausreichende Finanzmittel und die Verpflichtung zur Wirtschaftlichkeit eine individuelle optimale Parodontalbehandlung nicht zulassen. „Wenn Patienten von der rasanten Weiterentwicklung der Zahnheilkunde profitieren wollen, führt kein Weg an einer stärkeren finanziellen Selbstbeteiligung vorbei“, so Koch.