DZW-Interview mit Prof. Dr. Michael Noack zum Zahnbürsten-Test der Stiftung Warentest
Die Stiftung Warentest hat in der Mai-Ausgabe der Zeitschrift Test elektrische Zahnbürsten unter die Lupe genommen. Die DZW-Redaktion befragte Prof. Dr. Michael Noack, Direktor der Poliklinik für Zahnerhaltung und Parodontologie am Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde der Universität Köln, zu seiner Einschätzung der Testergebnisse.
DZW: Herr Prof. Noack, die Stiftung Warentest hat elektrische Zahnbürsten getestet und eine insgesamt positive Empfehlung „pro Elektrische“ abgegeben. Überrascht Sie das?
Prof. Dr. Michael Noack: Ich finde es gut, dass die Frage elektrisch oder Handzahnbürste endlich geklärt ist. In unserem Alltag nutzen wir ja überall Maschinen, die uns die Arbeit abnehmen. Noch eines haben die Tester deutlich gemacht: Auch die beste Zahnbürste erspart nicht die separate Reinigung der Zahnzwischenräume – das ist unabhängig vom Berechnungsmodell ein nennenswerter Prozentwert der gesamten Zahnoberfläche. Für diesen Bereich wurde auf der IDS ein spezielles Produkt vorgestellt. Es schießt wie eine Wasserpistole den Plaquebiofilm von den approximalen Flächen.
DZW: Unter den drei von Warentest am besten bewerteten Bürsten finden sich zwei rotierend-oszillierend arbeitende Bürsten und eine Schallzahnbürste. Können Zahnärzte und Verbraucher daraus ableiten, dass beide Systeme für alle gleich gut geeignet sind?
Noack: Sehr bemerkenswert fand ich die abschließende Einordnung der Stiftung Warentest: Für Putzmuffel ist Schallzahnbürste besser. Und oszillierend-rotierenden Zahnbürsten seien geeignet für alle, die engagiert in Ruhe jeden einzelnen Zahn putzen. Die meisten meiner Patienten gehören zu den Putzmuffeln. Und das wird bundesweit nicht anders sein. Grundsätzlich sind beide Systeme in der Lage, auf Glattflächen den Plaquebiofilm zu managen. Und es ist absolut richtig, neben der Antriebsart auch das Bürstenkopfdesign zu betrachten. Schließlich ist dieses nicht nur für die Wirkung, sondern auch für die Nebenwirkung verantwortlich. Und da haben schwingende längliche Bürstenköpfe Vorteile. In der Disziplin Zahnreinigung bekamen übrigens vier elektrische Zahnbürsten die Note Eins vor dem Komma. Zwei oszillierend-rotierend arbeitende und zwei Schall-Schallzahnbürsten. Als Wissenschaftler darf ich aber nochanmerken, dass wir eigentlich solche In-vitro-Versuche nur als grobe Orientierung akzeptieren. Was wirklich zählt sind klinische Studien, wie sie kürzlich in einem systematischen Review zusammengefasst wurden.
DZW: Lange Zeit gab es in der Wissenschaft, aber auch in der Zahnärzteschaft noch eine gewisse Zurückhaltung, Patienten eine „Elektrische“ zu empfehlen. Ist diese Zurückhaltung mit Blick auf aktuelle Erkenntnisse noch gerechtfertigt? Oder sind elektrische Zahnbürsten heute empfehlenswerter Standard?
Noack: Ja. Ich sehe es ähnlich wie die Tester. Nicht in der Zeitersparnis liegt der Vorteil der elektrischen Zahnbürsten gegenüber der Handzahnbürste, sondern in der Kombination aus Bequemlichkeit und überzeugendem Plaquebiofilmmanagement.
Quelle: 21. Juni 2011 | Aus Wissenschaft und Praxis
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